Jahreshauptversammlung der Gesamtwehr 2020

Weniger Einsätze aber ein deutliches Stundenplus

Ausgerechnet an seiner ersten Hauptversammlung als erstem hauptamtlichen Kommandanten der Sindelfinger Gesamtwehr blieb Rainer Just „lediglich“ Einleitung und Schlusswort. Den Rest des Samstagabends durfte er gemeinsam mit seiner Frau Tina und anderen verdienten Kameraden am Ehrengästetisch platznehmen – seine eigene Ehrung für 40 Jahre Feuerwehrdienst war Teil der Versammlung. Somit waren es die beiden stellvertretenden Feuerwehrkommandanten Sascha Luft aus Maichingen und Christoph Wiechert aus Darmsheim, die durch Jahresbericht und Ehrungen führten.

Den Jahresbericht, den Sascha Luft der Versammlung präsentierte, zeigt eine überdurchschnittliche Leistungsbilanz. Zwar sind die Alarme in ihrer absoluten Zahl um 12% im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen, die Einsatzstunden aber haben sich um 46% erhöht. Weniger Kleineinsätze, keine Unwetter und ein leichter Rückgang bei den Fehlalarmen auf der einen Seite, dafür zwei Großbrände, einen Mittelbrand und mehrere, schwere Verkehrsunfälle auf der anderen Seite. Lange, zeitintensive und für die Floriansjünger physisch wie psychisch sehr fordernde Einsätze. Damit verteilen sich 18.745 Einsatzstunden auf 661 Einsätze, die sich in 110 Feueralarme, 242 technische Hilfeleistungen, 104 Überlandhilfen, 18 Sonstige Alarme und 187 Fehlalarme untergliedern.

Besonders im Gedächtnis wird den Sindelfinger Floriansjüngern wohl der 29. November 2019 bleiben, als drei Menschen auf der B 464 bei einem Unfall verstarben. Einsätze, die Spuren hinterlassen. Für Außenstehende ist das in den Medienberichten nur schwer zu erahnen, welche Tragik und Härte tatsächlich hinter einem Einsatz dieser Art steht. Glücklicherweise stehen auch den Helfern Helfer zur Seite. Das Einsatznachsorgeteam des Landkreises Böblingen war für die Kameradinnen und Kameraden sofort zur Stelle. Auch wenn Krankheit, Leid und Tod zur Arbeit der Feuerwehr gehört, sind professionelle Helfer und Zuhörer sehr wichtig, damit die Retter nicht hilflos dastehen. Mindestens ebenso wichtig ist die Tatsache, dass das Jahr 2019 unfallfrei von Statten ging“ so Sascha Luft in seinem Bericht. Ein Umstand, den der Maichinger im Hinblick auf eine mehr als kritische Situation beim Großbrand in Darmsheim umso mehr zu würdigen weiß.

Ein wichtiger Baustein der Feuerwehr ist die Ausbildung neuer Kräfte. Schon lange ist die Aus- und Fortbildung in Sindelfingen nicht nur internes Thema. Seit Jahren gehört die Wache im Gansackerweg zu den Ausbildungsstandorten im Landkreis. Sowohl Grundausbildung als auch Führungskräfte oder Spezialeinheiten wie der Umweltschutzzug. Dabei stellt Sindelfingen auch eine große Anzahl von Ausbildern. Kompetenz, auf die man durchaus Stolz ist.

Kleinbrände, private Rauchwarnmelder, das berühmte „Essen auf Herd“ aber auch die Großbrände im Mittelpfad und in Darmsheim sowie Überlandhilfen bei den Großbränden in Herrenberg und Leonberg/Warmbronn waren Teile des „Brandbekämpfungs-Spektrums“ der Sindelfinger Wehr. Die Besonderheit im Mittelpfad war, dass die „Kuh, die wohl nicht mal ein Jahr ohne Feuerwehr auskommt“ wie es Sascha Luft es ausdrückt, wieder gerettet wurde. Nach ihrem Besuch auf einem Maichinger Garagendach 2018 musste sie diesmal vor den Flammen aus einem brennenden Stall gerettet werden. Trotz Rückgang machen die Fehlalarme fast ein Drittel der Gesamtalarme aus. 114 Mal musste eine Brandmeldeanlage angefahren werden, 69 private Hausrauchmelder. Dazu kamen noch besonders ärgerliche vier böswillige Alarme. Elf Gefahrstoffeinsätze, 60 Öl- bzw. Kraftstoffspuren, 16 Tier- und Insekteneinsätze, neun Wasserschäden, acht Mal Windwurf und 66 sonstige Hilfeleistungen runden das Feld der Einsätze ab.

Um dieses gewaltige Pensum an Einsätzen leistbar machen zu können, gehört ein umfangreicher Übungsdienst mit zum Feuerwehrjahr. 11.825 Dienststunden oder ein Plus von 13% gegenüber dem Vorjahr wurden von Mitgliedern aller Abteilungen abgeleistet. „Um das greifbarer zu machen: Jeden Tag wurde quasi mehr als ein Dienst geleistet“ erklärt Luft weiter. Neben Einsätzen und Dienstbetrieb stehen noch 12.816 Stunden für Telefon- und Führungsbereitschaft oder die Bereitschaft während des Internationalen Straßenfestes in der Bilanz. Macht unterm Strich gewaltige 47.529 Dienststunden oder anders ausgedrückt: 29 volle Arbeitstage – je Sindelfinger Feuerwehrfrau und -mann.

Sehr viel positives hat sich im Bereich Fahrzeugausstattung getan. Ein Gerätewagen Transport für Sindelfingen konnte in Dienst gestellt werden. Außerdem sind ein neuer Gerätewagen „Mess“ sowie zwei Löschgruppenfahrzeuge – für Sindelfingen und Darmsheim – und ein Gerätewagen Logistik für den Standort Maichingen zurzeit in der Beschaffung. Trotz der prekären Haushaltssituation haben Verwaltung und Ratsgremien die Notwendigkeit für ein weiteres Löschfahrzeug für die Abteilung Maichingen erkannt und die Beschaffung freigegeben – auch, um einen zugesagten Landeszuschuss nicht zu verlieren. Für die Feuerwehr ein wichtiges Puzzlestück. Die langjährige gemeinsame Alarm- und Ausrückeordnung basiert auch auf einer zeitgemäßen und vergleichbaren Ausstattung der Einsatzabteilungen. Prämissen, die damit für die nächsten Jahre wieder uneingeschränkt gegeben sind. Bei seinem Dank an den anwesenden Oberbürgermeister Dr. Bernd Vöhringer und Dezernentin Dr. Corinna Clemens ist es Luft wichtig, klarzustellen, dass Feuerwehrausrüstungen notwendig sind. „Der Alltag hält genug Herausforderungen bereit, nicht zuletzt der bald beginnende Bau des Deckels über der A81. Dafür müssen wir uns auch technisch wappnen“

Tobias Kaufmann, Jugendwart und damit der Leiter von Sindelfingens Nachwuchsorganisation hatte auch Positives zu berichten. Im Jahr des 25jährigen Bestehens konnte ein Jugendlicher gewonnen werden, was den Personalstand auf 47 Jungs und Mädchen erhöht. „Unsere Jugend ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft der Feuerwehr“ sagt Tobias Kaufmann. Ganz besonders hervorzuheben war das „silberne Jubiläum“ der Sindelfinger Jugendfeuerwehr. In diesem Zusammenhang war man Gastgeber der Delegiertenversammlung, des Fußballturniers und des Pokalwettbewerbes der Kreisjugendfeuerwehren. Im Sommer wurde ein 25 Stundendienst bei der Feuerwehr Schornbach abgeleistet, sowie die den Erlebnispark Tripsdrill besucht. Weitere Highlights waren die Betreuung der Spielstraßen bei den Tagen der offenen Tür in Maichingen und Darmsheim. Knapp 2.400 Stunden steuerten die jungen Menschen zum Feuerwehrjahr bei.

Den schönsten Teil der Jahreshauptversammlung konnte Darmsheims Abteilungskommandant Christoph Wiechert leiten. Es standen nämlich auch zahlreiche Ehrungen an. Der Mensch im Mittelpunkt, der Mensch in Anerkennung und der Mensch in Respekt und Würdigung, so kann man die Ehrungen zusammenfassen. Das Feuerwehrehrenzeichen in Silber für 25 Jahre aktiven Feuerwehrdienst erhielten Roman Dürr und Alexander Hartmann. Dieselbe Auszeichnung und die Ehrenmitgliedschaft der Feuerwehr Sindelfingen erhielten Thomas Schnaufer und Uwe Zoller. Ganze 40 Jahre aktiv und somit Träger des Feuerwehrehrenzeichens in Gold bekommen Erwin Jungbeck, Rainer Köberling, Gerd Körber, Walter Müller, Gerhard Schneider, Jörg Spengler und nicht zuletzt Sindelfingens Kommandant Rainer Just selbst. Den Geehrten zu danken und sie zu würdigen ließen sich weder Sindelfingern OB Vöhringer noch Kreisbrandmeister Guido Plischek nehmen. Langjähriges, ehrenamtliches Engagement sei heutzutage leider alles andere als selbstverständlich. Umso mehr würdigten beide nicht nur die beeindruckende  Leistungsbilanz der Sindelfinger Feuerwehr in Ihrer Gesamtheit aus Hauptamt, Ehrenamt, Jungendfeuerwehr und Altersabteilung sondern insbesondere auch die langjährige Verbundenheit der verdienten und geehrten Kameraden.