Feuerwehr Sindelfingen startet Nachwuchsoffensive
Eine Mitteilung der Gesamtwehr
Das Hauptproblem der Feuerwehren ist zunehmend die Nachwuchsgewinnung, denn es mangelt an Personal. Insbesondere während der Tagesarbeitszeit ist dies deutlich spürbar. Ein Trend, der durch die Flexibilität der Arbeitnehmer zum einen und leider auch durch die immer öfter vorhandene Unabkömmlichkeit vom Arbeitsplatz gegeben ist. Konnte man in vergangenen Jahren auch immer wieder über den Wehrersatzdienst Nachwuchs rekrutieren, ist auch diese Quelle seit der Aufhebung der allgemeinen Wehrpflicht versiegt. Jugendfeuerwehren kompensieren viel, aber decken nicht den gesamten Bedarf.
Diese Tendenzen haben bei der Sindelfinger Feuerwehr bereits 2010 auf Initiative von Stadtbrandmeister Wolfgang Finkbeiner zur Gründung eines Arbeitskreises geführt, der sich sowohl mit der allgemeinen Nachwuchsgewinnung als auch mit dem speziellen Problem der Tagesverfügbarkeit befasst hat. Ein knappes Jahr tüftelten Rainer Just, Wolfgang Haug, Thomas Schnaufer, Frank Wörner und Sascha Luft an Lösungsansätzen. Am Anfang stand die Aufnahme des Istzustandes: knapp 200 Feuerwehrmänner- und Frauen erbringen ehrenamtliche Leistung in Sindelfingens drei Einsatzabteilungen. Aber tun sie das gern und hoch motiviert? Woran liegt es, wenn im Alarmfall Uniformen in den Spinden bleiben – sei es tagsüber oder nachts? Ist es die Masse der Alarme (in 2012 fast 500) oder sind es andere Faktoren? Wie kann man motivieren und gleichzeitig die Last auf mehreren Schultern verteilen? So fanden sich Lösungsansätze, die sowohl interne als auch externe Wirkung haben sollten.
Die Optimierung der gemeinsamen Alarm- und Ausrückeordnung beispielsweise, das Anwerben von Feuerwehrleuten anderer Wehren, die aber in Sindelfingen arbeiten und somit tagsüber präsent sind, die konkrete Ansprache des Rathauspersonals, da dies auch auf grund der örtlichen Nähe zur Kernstadtfeuerwache prädestiniert wäre und die Stadt als Träger der Feuerwehr ihren Teil dazu beitragen kann. Ebenso wurden klassische Werbemaßnahmen geplant und die Stärkung dieses wohl anspruchsvollsten Ehrenamtes durch vielerlei Ideen, wie beispielsweise Vergünstigungen beim Eintritt in städtische Einrichtungen wie Badezentrum etc. – Ausweitung auf andere Gewerbetreibende wie Kinos etc. nicht ausgeschlossen.
Ein weiterer Aspekt beleuchtete den Bereich des hauptamtlichen Personals der Feuerwehr, dessen Aufstockung außer Frage steht. Der Versuch, dies auch mit Feuerwehrleuten, denen man eine Teilzeitstelle anbietet, zu bewerkstelligen, ist sicher neu. Außerdem eine stärkere „Lobbyarbeit“ bei den lokalen Arbeitgebern. Die Mitgliedschaft bei einer Freiwilligen Feuerwehr sollte im Bewerbungsgespräch eher positiv gewertet werden, da der Kandidat Tugenden wie Teamwork und Einsatzbereitschaft garantieren kann. Ebenso sollte das Freistellen während der Arbeitszeit im Alarmfall selbstverständlich sein.
Das Gesamtpaket wurde Anfang 2011 Oberbürgermeister Dr. Vöhringer und dem damals für die Feuerwehr zuständigen Dezernenten Baubürgermeister Johannes Mescher präsentiert. Und fand anklang. Da vieles nur durch die direkte Unterstützung der Stadt – sei es finanziell oder aber auch auf grund des direkten Einflusses – umsetzbar war, übernahm Herr Mescher die Leitung des Arbeitskreises (inzwischen hat Fr. Dr. Clemens übernommen), der sich nun daran machte, die erarbeiteten Lösungsvorschläge auf ihre Machbarkeit hin zu untersuchen und sie umzusetzen. 2012 sollte dann begonnen werden. Startschuß gab das Projekt „Feuerwehr macht Schule“ im Juli, an dem zwei Tage lang über 30 Schülerinnen- und Schüler der Sindelfinger Gymnasien Feuerwehr live erleben konnten. Außerdem wurden im Eigenbetrieb Feuerwehr drei Feuerwehrleute als geringfügig Beschäftigte eingestellt, um beim Tagesgeschäft mitzuhelfen und natürlich bei Tagesalarmen schnell präsent zu sein. Denn darum geht es ja.
Die große Werbe-Offensive hat man sich jedoch für das Jahr des Stadtjubiläums 2013 aufgehoben. Von Januar bis März wird man an ausgesuchten Stellen im gesamten Stadtgebiet mit Großplakaten werben. Ebenso werden die wohl attraktivsten Werbeflächen genutzt, über die eine Feuerwehr verfügt: Ihre Einsatzfahrzeuge. Parallel dazu erhalten die 16-18jährigen Sindelfingerinnen und Sindelfinger eine Einladung zu einem interessanten Informationsabend, bei dem sie hinter die Kulissen schauen können, aber sich auch gleich selbst beweisen können, ob sie fit genug sind für den Feuerwehrdienst. Das Personal des Rathauses bekommt ebenfalls Post in der Hoffnung, auch hier auf motivierten Nachwuchs zu treffen. Neubürger finden 2013 in der Infomappe des Einwohnermeldeamtes einen auffälligen Folder, der sie animieren soll, die sinnvollste Art der Freizeitgestaltung kennenzulernen. Alle Maßnahmen werden durch die neu gestaltete Recruiting-Homepage „www.hilfhelfen.eu“ gebündelt, auf der der Besucher alle Infos zur Kampagne findet und sich gleich für weitere Informationen anmelden kann. Auch die Homepage der Sindelfinger Feuerwehr wurde in dem Zug generalüberholt und kommt in neuem Design auf die Bildschirme der Besucher. Das Gesamtpaket ist sicher in seiner Form einzigartig im Kreis Böblingen wenn nicht gar darüber hinaus. Und es bleibt nun abzuwarten, ob der Aufwand sich lohnen wird. Eins steht jedoch schon fest: Mit den ergriffenen Maßnahmen konnte die Sindelfinger Feuerwehr zwei wesentliche Fakten transportieren: Zum einen ist man – wider viele Fehleinschätzungen – zu 99% eine Freiwillige Feuerwehr, die auf die Mithilfe engagierter Mitbürgerinnen und Mitbürger angewiesen ist. Und zum anderen ist man eine zeitgemäße Organisation mit positivem Image, bei der Teamwork, gegenseitige Verantwortung, Struktur und moderne Technik die Basis für die anspruchsvolle Tätigkeit, nämlich den Schutz und die Sicherheit der über 60.000 Einwohner Sindelfingens, sind.
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